Der Papst geht. Der Nikolaus kommt.

Der Papst geht. Der Nikolaus kommt.

Eine asiatische Erfolgsgeschichte

Alles fing 2015 an mit der Bitte um Unterstützung zur Gründung einer deutschsprachigen katholischen Filial-Gemeinde in Myanmar – gleich gewährt mit freundlicher Unterstützung durch die Deutschen Botschaft in Yangon und ebenso unkompliziert vom damals frisch ernannten Kardinal Bo. Das „miteinander“ berichtete bereits darüber. Dann passierten in 2017 gleich mehrere Dinge.

Überraschend ein Besuch der nicht unumstrittenen Grand Lady, Staatsberaterin und De-Facto-Premierministerin Myanmars, Aung San Suu Kyi, beim Papst in Rom. Ergebnis war: Die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen beider Staaten.

Daraufhin wurde der Koreaner Nuntius Paul Tschang In-Nam, bisher vikarischer Vertreter des Römischen Stuhls in Myanmar mit Sitz in Bangkok, designiert und offiziell als Nuntius – übrigens am gleichen Tag mit der neuen deutschen Botschafterin, Frau Dorothee Janetzke-Wenzel, akkreditiert. Beiden an dieser Stelle herzlichen Glückwunsch!

Diplomatische Vertretungen

Die Ernennung eines expliziten Nuntius für Myanmar und die damit verbundene diplomatische Zusammenarbeit zwischen Staat und Katholischer Kirche ist ein enormer Fortschritt auf dem Weg des ehemaligen Burma in Richtung Demokratie und Abkehr von jahrzehntelanger Militärvorherrschaft. Kein Wunder also, dass sich die Kirche in Myanmar ganz besonders freuen kann, liegt doch der Bevölkerungsanteil an Katholiken der ehemaligen britischen Kronkolonie bei rund 1,4% – aber stetig und unaufhaltsam wachsend.

So lag es nahe, dass es die unzähligen Tauben auf den Leitungen und Dächern Yangons bald von eben diesen herunter pfiffen: Hochrangiger Besuch sei zu erwarten. Der Papst kommt. Und tatsächlich – die Gerüchte wurden zur konkreten Gewissheit. Papst Franziskus wird Myanmar vom 27. bis zum 30. November 2017 und anschließend Bangladesch besuchen. Eigentlich logisch, wenn man die Blickrichtung Franziskus´ über Jahre analysiert, und doch überraschend, dass der Heilige Vater zwei Länder in den Fokus nimmt, die weniger wegen ihrer christlichen Prägung Aufmerksamkeit erregen, als vielmehr durch ihre gesellschaftliche und menschenrechtliche Situation.

Der Papst geht. Der Nikolaus kommt.

Wenn Franziskus reist, dann hat er – wie auch seine Vorgänger – immer mehrere Ebenen im Blick. Zunächst: Zunachst die Stärkung der im Wachstum begriffenen asiatischen Kirchen. Weiterhin wird er in Myanmar sicherlich mit den offiziellen Politikern die neuen diplomatischen Beziehungen pflegen. Er wird aber dann Vieles zum Thema machen, ohne es auch nur mit einem einzigen Wort anzusprechen – jedenfalls nicht in Myanmar. Nämlich das riesige Problem der Ethnien dieses Landes, insbesondere das Problem der moslemischen Volksgruppe der Rohingya. Diese rücken zu Recht immer mehr aus der tödlichen Vergessenheit in den notwendigen Interessenbereich der Weltöffentlichkeit. Myanmar verspricht Besserung im Umgang mit den zu staatenlos erklärten Flüchtlingen und entledigte sich ihrer bisher durch Mord, Vertreibung und Abschiebung über die Grenze nach Bangladesch. Daran nicht unerheblich unbeteiligt: extreme buddhistische Extremisten, die der Strafverfolgung entgehen.

Weniger ist mehr

Der Papst wird sich hüten, das – nach burmesichem Verständnis – Unwort der Rohingya auch nur in den Mund zu nehmen. Gleichzeitig wird er sich dessen auch bewusst sein und es irgendwie zum Thema machen, dass im Norden des Landes ein von der Weltöffentlichkeit völlig unbeachteter Bürgerkrieg tobt zwischen dem burmesischen Militär, der Zentralregierung und den myanmareigenen quasi „Bundesstaaten“ der Kachin und Teilen des Shan-Staates. Es ist zu erwarten, dass der Heilige Vater sehr wohl die richtige Sprache finden wird, ohne etwas Konkretes anzusprechen, dabei aber doch den notwendigen Ton zu treffen, den alle verstehen werden. Er wird sich mit Sicherheit dem nicht enden wollenden Ermahnungen und Predigten von Kardinal Bo anschließen, der immer wieder das Bild der Familie heranzieht, um zu einem Ausgleich der Ethnien und Religionen in Myanmar zu kommen. Nicht alle müssen gleich sein, aber jeder hat die Verantwortung, in einer Familie für das Wohl des Ganzen Sorge zu tragen, immer im gegenseitigen Respekt und zur Wahrung des Friedens und lebenswürdiger Bedingungen. „Wir sind eine große Familie in Myanmar. Wir kennen das. Wir wissen aber auch, dass es in Familien nicht immer leicht zugeht. Aber es ist unsere Aufgabe“, bestätigt Father Dominic Zarbinus, Privatsekretär des Kardinals.

Der Papst geht. Der Nikolaus kommt.

Von diesem Ideal der Familienzugehörigkeit sind die Rohingyas noch weit entfernt. Ihre Flucht über die Grenze führt sie daher meistens nach Bangladesch. Dort sind die beiden größten Lager im Distrikt Cox´s Bazar. Sicher eine indo-asiatische Nation mit vielen Missständen und Problemen. Aber beachtlich, wie man dort versucht, durch Öffnung von Land und durch Rodung Platz zu schaffen für zwei Lager, die zusammen wachsen und momentan rund 900.000 rohingischen Flüchtlingen Raum geben. Die Lebensbedingungen sind dort gerade etwa besser als die Aussichten auf den sicheren Tod. Sobald die nächste Regenzeit kommt, oder ein Taifun, oder zu erwartende Überschwämmungen, in einem Land gerade mal etwas höher als der Meeresspiegel – niemand, auch nicht die dort unermüdlich arbeitenden internationalen Hilfsorganisationen wie Caritas International oder andere NGO´s – keiner kann sich vorstellen, wie die Situation sich dort entwickeln wird. Ab solchen Größenordnungen versagt unsere Vorstellung, was es heißt, so überleben zu müssen. Auch das wird Papst Fanziskus nicht unbedacht lassen.

Von Yangon nach Bangladesh

Sein Treffen mit den Politikern in Myanmar, mit dem dortigen Sanga, dem buddhistischen Oberrat, und der burmesischen Bischofskonferenz sind nur ein Teil seines Besuchsprogramms. Ein Gottesdienst mit vielen Tausend Menschen im Kyaikkasan-Stadion, ein Jugendgottesdienst in der Kathedrale von Yangon stehen genauso auf dem Plan, wie nach seiner Weiterreise der Besuch eines Priesterseminars in Bangladesch, einer Priesterweihe in Dhaka, einem interreligiösen Friedensgebet und wahrscheinlich noch weiterer Überraschungen, für die Franziskus lobenswerterweise ja bekannt ist. Wir sind als deutsche Gemeinde in Yangon wirklich sehr dankbar, diesen Besuch auch beim Gottesdienst mit dem Papst mitfeiern zu dürfen. Sicher ein Höhepunkt in unserer bisherigen, zweijährigen Geschichte.

Es ist nicht übertrieben, wenn man sagt. dass sich die deutschsprachige Kirchengemeinde in Yangon wirklich etabliert hat. Zuletzt deutlich spürbar beim Botschaftsempfang zum Tag der deutschen Einheit in Yangon. Der neue evangelische Pfarrer der Gemeinde in Bangkok, Carsten Körber und ich, wir konnten gemeinsam offene Türen einlaufen bei den Feierlichkeiten. Man kennt uns mittlerweile und man spricht über die Angebote, die sich aus der Präsenz deutschsprachiger Kirche ergibt. Das schlägt sich auch beim Gottesdienst nieder. Ein Kreis von Stammbesuchern erweitert sich mehr und mehr durch Neuzugänge, wenngleich auch hier der Wechsel die beständige Kontinuität ist. Viele müssen wegen Zeitverträgen nach drei bis max. vier Jahren wieder eine neue Stelle antreten. Gleichzeitig kommen wieder Neue dazu – und man gibt sich die Staffel in die Hand. Aber mit 20 bis 30 Gottesdienstbesuchern und einer Schar von Kindern kann man immer wieder rechnen.

Heimat in Myanmar

Nach wie vor sind wir im Bischofshaus von Kardinal Bo herzlich willkommen. Hier wird übrigens kräftig renoviert, steht doch der hohe Besuch ins Haus. Dafür hat Kardinal Bo extra sein Büro verlassen, das zum päpstlichen Privatgemach umgebaut worden ist – hier zu sehen mit Privatsekretär Father Dominic.

So schnell der Papst kommen wird – so schnell wird er dann auch wieder das Land verlassen. Aber es gibt Trost – zumindest für die deutschsprachige Gemeinde, denn weiterer hoher Besuch hat sich angekündigt. Der Nikolaus kommt. Im Dezember zum ökumenichen Familiengottesdienst am 1. Advent. Explizit ökumenisch diesmal, wird doch der mitfeiernde neue evangelische Pfarrer mit mir gemeinsam diesen Gottesdienst gestalten und sich dabei – ausgestattet mit allem katholischen Equipment und episkopalen Insignien – unmissverständlich vor unseren Augen in den Bischof Nikolaus verwandeln. Mit Sicherheit nicht nur ein Fest für die anwesenden Erwachsenen, sondern auch für die vielen Kinder in der dortigen Gemeinde.

Wie auch immer – Myanmar bleibt ein asiatisches Sorgenkind neben vielen anderen. Aber es gibt viel Potenzial und Grund zur Hoffnung, gesellschaftlich wie kirchlich. Wir alle beten, dass dieses Land mit seinen unterschiedlichen Volksgruppen einen vielversprechenden Weg in eine friedvolle Zukunft für alle finden wird.

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