Antwort aus Bonn
Der Abteilungsleiter des Bereiches „Weltkirche und Migration“ der Deutschen Bischofskonferenz, Ulrich Pöner, hat allen Gemeinden, aber auch allen, die sich persönlich mit ihren Bedenken an die deutschen Bischöfe gewendet haben, mit einem allgemeinen und für alle gleichen Brief geantwortet. Da vielleicht einige dieses Schreiben nicht kennen, möchte ich es hier gerne veröffentlichen.
Antwortschreiben Ulrich Pöner DBK
Man muss bei allem Respekt Herrn Pöner zu Gute halten, dass er in seiner Abteilung selbst von den Beschlüssen der Bischöfe überrascht wurde und nun eine Entscheidung verantworten muss, die er selber nicht mitgetragen hat. Es ist immer eine Krux, wenn Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz auseinander fallen. Insofern ist Herr Pöner sicherlich der falsche Adressat für eine Erwiderung oder einen Einspruch. Leider gibt es aber keinen anderen Ansprechpartner für die in diesem Fall berechtigten Anliegen der Auslandsgemeinden. Wie man dies einschätzen soll und was man davon halten kann, überlasse ich jedem Einzelnen.
Die Gemeinde in Peking hat darüber hinaus von Herrn Pöner noch die Information erhalten, dass die Bischöfe die Einsprüche wohl zur Kenntnis genommen haben. Außerdem haben das Auslandssekretariat und auch Herr Pöner selbst die berechtigten Bedenken der Gemeinden wiederholt zum Ausdruck gebarcht. Es besteht aber seiner Ansicht nach die begründete Vermutung, dass sich die Bischöfe auf eine Änderung ihres Beschlusses nicht einlassen werden.
Der von den Auslandsseelsorgern dringend angeratene Dialogprozess ist daher ohne jede Bedeutung. Er wird von den Bischöfen offensichtlich nicht gewünscht. Dass darüber bei allen Betroffenen, Gemeindemitgliedern, Seelsorgerinnen und Seelsorgern, ein Höchstmaß an Fassungslosigkeit, Entsetzen und vor allem tiefe Enttäuschung eingetreten ist, versteht sich von selbst.
besser synodal arbeite
Ich frage mich: Wo ist das synodale Prinzip der gegenseitigen Wertschätzung? Das Bistum Trier hat hier sehr visionarisch gearbeitet… Warum findet aber jetzt kein Dialog, Beratung oder Kompromissfindung statt? Wir wären gerne alle bereit gewesen, über alternative Finanzierungsmöglichkeiten nachzudenken. Was ist davon zu halten, wenn die Bischöfe zum Ende des überdiözesanen Gesprächsprozesses 2015 schreiben: „Das Gespräch auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens muss in strukturierter und verbindlicher Form weitergehen, damit die Umbrüche in der Kirche nicht zum Abbruch, sondern zum Aufbruch werden“ und weiter: „So wurde in den Jahresforen nach den Möglichkeiten einer missionarischen Pastoral gesucht und der Frage nachgegangen, wer die Trägerinnen und Träger dieser Mission sind. Gesucht wurde nach der „Vision“ einer Kirche, „die heute Gott und den Menschen nahe sein will und ihr Zusammenleben mit den Menschen von heute so gestaltet, dass diese den Glauben sinnstiftend und erfüllend, kritisch und befreiend erleben können, sich in der jeweiligen Lebenswirklichkeit angenommen wissen und in Kirche ein Zuhause und echte Gemeinschaft finden können.“ (Abschlussbericht: Überdiözesaner Gesprächsprozess „Im Heute glauben“ 2011– 2015).
Wo, wenn nicht in den Auslandsgemeinden, findet sich die Wirklichkeit genau dieser Vision? Und dann soll diese Realität den Sparmaßnahmen geopfert werden? Unverständnis ist noch eines der gringsten Gefühle, die sich dabei einstellen…
Die vor Kurzem zu Ende gagangene Bistumssynode im Bistum Trier hat zurecht folgendes Prinzip zum Leitmotiv künftiger Pastoral erhoben: „Perspektivwechsel – Dort hingehen, wo die Menschen sind“. Für die weltweiten Auslandsseelsorgerinnen und -seelsorger ist dies nicht eine erst einzunehmende neue Position als Ergebnis eines Umdenkens, sondern beständige, existenzielle und immer wieder herausfordernde real-existierende Wirklichkeit.
Perspektivwechsel
Von den 5 Mio. im Ausland lebenden deutschsprachigen Katholiken erreichen die Auslandsgemeinden einen sehr großen Teil. Unter sich ständig ändernden Rahmenbedingungen gelingt es den Gemeinden, seelsorgliche, caritative und kulturelle Kontinuität zu schaffen. In einer immer mobiler und globaler werdenden Welt sind die Kirchengemeinden der Boden, auf dem die vielen Neo-Nomaden von heute Wurzeln schlagen können. Je mehr das jeweilige Umfeld durchsetzt ist von der zum Teil fremden Kultur des Gastgeberlandes, um so mehr bieten die Kirchen eigener Muttersprache einen Schmelztiegel für sich ansonsten gegenüberstehender Milieus, die im europäischen Umfeld eher weniger bis nichts miteiander zu tun haben. Auch und besonders jener Gesellschaftsanteile, die normalerweise eher kirchenfremd sind.
Die Diversität der etablierten Gottesdienstbesucher, die unübersehbare Zahl der im Weichbild der Gemeinde assoziierten Menschen aller gesellschaftlichen Gruppen, die wie durch Zufall auftauchenden, nach Kirche suchenden Touristen oder die durch Schicksalsschläge oder selbstverschuldet in Not geratenen Menschen, – all jenen bieten die Auslandsgemeinden eine Heimat.
missionarische Kirche
Die Auslandsgemeinden sind der beständige Anker in sich immer schneller verändernden sozialen Systemen. Sie sind Leuchttürme für alle, die fern der eigenen Kultur sich zu verlieren drohen und die unbeirrt daran erinnern, dass es mehr gibt als die vermeintlichen Sicherheiten dieser Welt. Sie zeigen unverzichtbare Präsenz auch für die Menschen des Gastgeberlandes, die neugierig sind, was die Christen denn eigentlich so alles machen, oder die tatsächlich ein so hohes Maß an Attraktivität ausstrahlen, dass sie selbst zur religiösen Heimat für die Gastgeber werden. Insofern ein nicht zu vernachlässigender missionarischer Aspekt.
Es ist die tiefe Überzeugung und der nachdrückliche Wunsch aller Auslandsseelsorgerinnen und -seelsorger, sowie der vielen kirchlich verbundenen und noch mehr sinn-suchenden Menschen im Ausland, dass dieser bereits gelebte Perspektivwechsel auch in den europäischen deutschsprachigen Kirchen und den Entscheidungs- und Verantwortungskomepetenz tragenden Bischöfen wertgeschätzt werden möge. Die Menschen sind unterwegs. Mehr denn je. Und wir – Gemeinden und Seelsorgerinnen und Seelsorger – sind genau dort, wo diese Menschen sind. Die Garantie dieser Kontinuität ist unschätzbar wertvoll.
Der Samen, den deutschsprachige Kirche im Ausland aussät, bringt keine großflächigen Monokulturen zum Vorschein, sondern überschaubare bunte Felder, auf denen das Wort Gottes vielfältig Wurzeln schlägt, erblüht und Früchte trägt. Gebe Gott, dass dies auch in Zukunft so bleiben möge.
Und hier noch Pressestimmen zur beabsichtigten Kürzung durch die Bischöfe: