Vernell?
Es war wohl die bekannteste Gesangseinlage im deutschen Werbefernsehen der 70er Jahre, die uns das weichwaschende Vernell mit „Lavendel, Oleander, Jasmin – Vernel“ ohrwurmartig als flauschige Wäscheerfahrung versprach. Nicht nur als Weichmacher für Hemden, Blusen, Bademäntel, sondern als umfassendes Gesamterlebnis odor-nasaler Eindrücke, hinter der sogar die Natur noch zurückstecken musste.
Guter Geruch – das verkauft sich nicht nur gut, das ist auch stellvertretend für den Gesamteindruck, den ein Ort, ein Raum oder eben auch ein Mensch liefert. „Die kann ich nicht riechen“, oder: „Der stinkt mit“ – sind nicht nur sprichwörtlich. Sie sind wissenschaftlich belegt. Der Mensch kommuniziert mittels Körpergeruch. Wir nehmen mit unserer Nase sehr sensibel wahr, was gut für uns ist und was nicht. Es sind die sensorischen Reste unserer evolutionären Entwicklung.
olfaktorische Überforderung
Dabei gibt es immer noch vieles, was mir stinkt. Da hilft kein Waschen, kein Parfum, kein Weichspüler. Und damit meine ich noch nicht einmal die Klongs oder die Gase, die die Kanalisation in der Trockenzeit in Bangkok freisetzt, oder das Erlebnis einer im Hochsommer vollbesetzten Hochbahn mit Menschen im Zustand extremer Intensivtranspiration – trotz Klimaanlage – in Kombination mit leicht flüchtigen Restbestandteilen der Verdauung.
Es gibt einen Geruch, an den ich mich regelrecht erinnern kann, und der mir immer wieder in die Nase kommt. Zuletzt beim Besuch des Anatomie-Museums in Bangkok. Hinter dem vordergründigen Geruch des alles durchdringenden Formalins war es zu riechen. Auch bei meinem Praktikum in der Ontologie – vor vielen Jahren im Krankenhaus in Saarbrücken. Oder beim Warten in der Trauerhalle vor dem Verabschiedungsgottesdienst, oder auch beim Besuch von Familien, die kurz zuvor zu Hause einen Menschen verloren haben und der noch im Sterbebett aufgebart war. Nein – das ist nicht eklig. Es ist ganz normal. Aber der Geruch des Todes ist unverkennbar. Unverwechselbar. Einprägsam. Mit nichts zu vergleichen.
O Herr, er riecht schon…
Es ist der Geruch der Verwesung. Es ist das Parfum des Todes. Und es gibt für ihn kaum eine Beschreibung. Weder süßlich noch scharf, weder stechend noch beißend. Er ist einzigartig, abschreckend, warnend.
Dieser Geruch steht im absoluten Widerspruch zum Leben. Nichts, was lebendig ist, verströmt einen solchen Geruch. Selbst die Bibel spricht genau davon (Lazarus – Joh 11,39). Und deshalb wundert es mich nicht, wenn fromme Legenden versucht haben, Inhalte unseres Glaubens mit einprägsamen Bildern und Geschichten und sinnlichen Erfahrungen so zu spicken, auszubauen und erzählerisch zu verbreiten, um ein buntes Zeugnis für das Leben zu geben. Legenden, die eben mit diesem Geruch zu tun haben. Legenden, die einer historischen Überprüfung zwar nicht standhalten, die aber genau das in Worte und Bilder bringen, was unsere Hoffnung ist.
So war das auch mit Maria.
Auserwähltes und unverheiratetes Mädchen, Mutter Jesu, in Sorge über den verschwundenen 12jährigen, zurechtgewiesen von ihrem erwachsenen Sohn bei der Hochzeit von Kanaa, ausharrend im Angesicht des Sterbenden unter dem Kreuz stehend und betend bei der Sendung des Heiligen Geistes im Kreis der Jünger. Und an ihrem Ende wurde sie zur Projektionfläsche für das Bild, das Gott vom Menschen hat. Nicht zerfallend zu Staub und verwesend in der Vergessenheit, sondern mit Haut und Haaren, mit Leib und Seele aufgenommen in den Himmel.
Die berühmte Abtei Dormitio in Jerusalem erzählt uns von diesem Ereignis. Maria ist nicht verstorben, sie ist entschlafen. Sie ist nicht verwest, sie hat sich verduftet. Sie ist nicht der Unendlichkeit des Todes verfallen, sondern mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. Die Kirche glaubt und feiert dies von den ersten Jahrhunderten an. Und ich denke zurecht. Wenn Christus für alle Menschen die Auferstehung gebracht hat, warum dann nicht zuerst und vor allem für Maria? Und – so erzählt die Legende – das Sterbezimmer Mariens wurde nicht von Verwesungsgeruch erfüllt, sondern vom Duft der Rosen, der Blumen und Kräuter. Und diese stehen für Leben, Lebendigkeit, Sauberkeit, Reinheit und Liebe.
dufte Aussichten
Ja, eine Legende, aber eine schöne. Sie beschreibt nicht nur einen Grundsatz unseres Glaubens, sondern schlägt sich auch nieder im wunderbaren und spielerischen Ausdruck traditioneller Frömmigkeit: An Maria Himmelfahrt werden Blumen- und Kräutergebinde gesegnet – und damit die Menschen, die sie mitbringen. Sie erinnern uns „an die Herrlichkeit Gottes und an den Reichtum des Lebens“, wie es in dem Segensgebet zu Maria Himmelfahrt heißt, und vor allem: was einmal auf uns wartet, wenn wir gestorben sind. Das sind wohlriechende Aussichten: Ich finde es dufte, dass Gott uns mit Leib und Seele bei sich haben will. Bleibt spannend, wie dies dann sein wird.
Himmelfahrt ist dann eher: Lavendel, Hosianna, Jasmin – Maria. Und Grund genug, nicht nur eigene Kräuter- und Blumensträuße zum Segen mitzubringen, sondern auch im Anschluss an den Gottesdienst noch miteinander zu feiern.
Herzliche Einladung daher zum Festhochamt Maria Himmelfahrt:
Sonntag, 13. August 2017
10.30 Uhr
Kapelle St. Louis Hospital, Sathorn Road
Ebenfalls herzliche Einladung zur würzig-duftenden Bratwurst und Getränken im Anschluss an den Gottesdienst – bereitgestellt von Frank Boer und seinem Team vom Deutschen Eck.
Herzliche Einladung
Jörg Dunsbach, Pfr.