Sieben Wochen mit oder ohne?

Sieben Wochen mit oder ohne?

Fastenzeit alternativ

Ja, es ist wieder Aschermittwoch und nein – ich mache keine Vorschläge, auf was man alles verzichten soll. Wie könnte ich auch, wenn es mir selbst schwer genug fällt, und ich keinen dazu ermuntern möchte, noch mehr Lasten zu tragen… (Mt 23,4) Deshalb heute zum Beginn der Fastenzeit eine Alternative, die vielleicht dem Charakter der österlichen Vorbereitungszeit – zumindest meinem subjektiven Empfinden nach – besser entgegenkommt.

Sieben Wochen mit oder ohne?

Dazu gehen wir doch einfach mal in der Kirchengeschichte zurück und blicken auf einen Mann voller Strahlkraft und Esprit. Der Heilige Bernhard von Clairvaux (1090-1153), eine faszinierende Gestalt, ein großer Denker und Ratgeber. Er machte den Reformorden der Benediktiner – nämlich die Zisterzienser – bekannt und berühmt. Sicher hätte er heute einen Blog geführt, oder über Twitter seine Weisheiten verbreitet, damals tat er es aber in einem reichen Schriftwechsel mit berühmten Persönlichkeiten seiner Zeit.

Mehr oder weniger?

Einer dieser Brieffreunde war Papst Eugen III – ohne Frage eine streibare Gestalt, aber auch ein vielbeschäftigter Mann. Und – wen wundert´s – er litt an der gleichen „Krankheit“, unter der heute auch viele stöhnen. In Anspruch genommen von zuviel Verantwortung, pausenlosem Arbeiten und Entscheidungen treffen, gepaart mit einem sicherlich gehörigen Maß an Selbstüberschätzung, kurz: Überfordert und zerrieben von zu viel Arbeit. Burn out – oder wie auch immer man damals auf lateinisch dazu gesagt haben mochte, vielleicht „incendium finalis“, wer weiß…

Bernhard wusste davon und hatte für seinen Feund eine sehr weise Botschaft. Er schlägt eine Art Therapie vor:

Sieben Wochen mit oder ohne?

„Wenn du Dein ganzes Leben und Erleben völlig ins Tätig-Sein verlegst und keinen Raum mehr für die Besinnung vorsiehst, soll ich dich da loben? Darin lob ich Dich nicht. Ich glaube, niemand wird Dich loben, der das Wort Salomons kennt: „Wer seine Tätigkeit einschränkt, erlangt Weisheit” (Sir 38, 25). Und bestimmt ist es der Tätigkeit selbst nicht förderlich, wenn ihr nicht die Besinnung vorausgeht. … Wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne Dich Dir selbst. Ich sage nicht: tu das immer, ich sage nicht: tu das oft, aber ich sage: tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen.” (aus: Betrachtungen)

sieben Wochen mit

Oh wie weise – ich sollte es mir auch mal hinter die Ohren schreiben, auch wenn mir der persönliche Burn Out in seiner pathologischen Ausprägung nicht bekannt ist. Deshalb heute mal die alternative Idee zur Fastenzeit: Nicht sieben Wochen „ohne“, sondern lieber mal sieben Wochen „mehr“! Mehr: Zeit, für mich selbst. Ruhe, Durchatmen, Ausruhen, Genießen, Beten, Dankbarkeit, Innehalten, Sonntagsgottesdienst, einen Tag mit mir alleine, oder mit einem lieben Menschen, der mehr Zeit verdient hat. Kurz: Sich einmal sich selbst gönnen, wenn man sich denn auch selbst auszuhalten vermag, ohne gleich wieder irgend etwas zu tun oder zu produzieren.

Ok, Zeit ist Geld und leicht gesagt für jemanden, der unzählige Überstunden machen muss. Doch die beeinträchtigenden Auswirkungen von zu viel Tätigkeit gehen an keinem spurlos vorüber. Wem es aber gelingt, der wird auch wieder ein Lächeln auf das von Arbeit und Entkräftung gezeichnete Gesicht zeichnen können.

Daher mein Plädoyer für eine entspannte Fastenzeit. Und mit Jesu Worten: „Wenn du fastest, dann mach kein finsteres Gesicht“ (Mat 6,16), und: „Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst!“

In diesem Sinne – frohes Fasten!

Herzlich

Jörg Dunsbach, Pfr.

Herzliche Einladung auch am kommenden 1. Fastensonntag, 14.02.2016 um 10.30 Uhr, Kapelle St. Louis, Sathorn, zum Empfang des Aschenkreuzes.

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