Stern von Bethlehem

Stern von Bethlehem

Stellen Sie sich vor, Sie könnten etwas beobachten, das es seit Christi Geburt nur einmal inzwischen gegeben hat? Tatsächlich – das können Sie – jetzt! Aber dazu muss man schon bei klarer Nacht den Blick in die Sterne wagen.

Der geniale Mathematiker Johannes Kepler hatte es schwer im 17. Jahrhundert. Zwar engagierte ihn Tycho Brahe, ein genialer dänischer Astronom und Astrologe, zur Berechnung seiner unzähligen Sternen- und Planetenbeobachtungen und Himmelsvermessungen. Aber jener hielt sich zurück mit der kompletten Preisgabe seiner Beobachtungsdaten. Dies reute ihn aber am Ende seines Lebens, so dass er Kepler auf dem Sterbebett seine Bücher überließ und ihn bat: „Bitte – lass meine Beobachtungen nicht vergebens gewesen sein!“

Kepler versprach es und schaffte es dann in Prag, aus den Beobachtungsdaten nicht nur die drei nach ihm benannten Gesetze zu entwickeln, sondern auch die Planetenbahnen genau vorherzusagen. Aber nicht nur das: am 17. Dezember 1603 beobachtete er eine ganz besondere Planetenkonstellation am Nachhimmel. Eine sog. Konjunktion von Jupiter und Saturn – das heißt: Beide Planeten stehen in einer gedachten Line von der Sonne über die Erde und Jupiter bis zum Saturn, noch dazu im Sternbild der Fische. Es sieht dann so aus, als ob sich diese beiden Planeten ganz nahekommen, natürlich nicht physisch, aber in der Sichtlinie.

Kepler war sozusagen „Astronomologe“ – er berechnete wissenschaftlich und mathematisch den Himmel; eine brotlose Kunst. Allerdings – für seine zahlenden Kunden erstellte er alles- und nichtssagende Horoskope. Er wusste von rabbinischen Astrologen das Folgende: Wenn Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische stehen, dann wird der Messias kommen. Denn Jupiter gilt in allen astrologischen Systemen als König, Saturn im Levantischen als Schutzmacht und das Sternbild der Fische als Bild für das (von Babylon aus gesehene) Westland – also die Levante – Palästina. Und er sagte sich als Christ logischerweise: Dann müsste es das ja schon einmal gegeben haben, oder?

Stern von Bethlehem

Im Vertrauen auf seine Berechnungen fand er tatsächlich heraus, dass dies bereits schon einmal genau so geschehen sein musste, nämlich im Jahre 7 vor Christus. Damals kam es (aufgrund der im Jahresverlauf relativen Bewegung der Planeten zueinander) dreimal zu einer solchen Konjunktion. Seine Vermutung: 1. Unsere Zeitrechnung liegt um 7 Jahre daneben und 2.: Dieses Ereignis der Planetenkonjunktion musste der Stern von Bethlehem gewesen sein. Wie gesagt – er hatte es nicht leicht und es kam, wie es kommen musste: All seine Kollegen der damaligen Zeit schenkten ihm keinen Glauben.

Stern von Bethlehem

Aber hat er sich denn getäuscht? Gehen wir zunächst zurück ins Biblische. Bei Matthäus finden wir folgende Passage (Mt. 2): „Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“

Stern von Bethlehem

Dieses Bild vom Stern von Bethlehem hat die Fantasie vieler Künstler bewegt. Meistens wird er als Schweifstern dargestellt – also als Komet. Aber: es gibt keine außerbiblischen Hinweise auf ein solches nicht zu übersehendes himmlisches Ereignis. Die großen bekannten Kometen (Halley oder Hale-Bopp) passen auch nicht in die Zeit um Christi Geburt. Ihr Erscheinen liegt etwa 20-30 Jahre vor oder danach.

Kometen aber haben die Eigenschaft, dass sie am Himmel nicht stillstehen. Und die Bibel beschreibt: „Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.“

Stern von Bethlehem

Was also kann es gewesen sein? Vielleicht ein neuer Stern – also eine Nova, vielleicht sogar eine Super Nova? Diese leuchten so hell, dass man sie sogar am Tageshimmel sehen kann, aber maximal eine Woche. Das reicht aber hinten und vorne nicht, um von Mesopotamien, also dem Heimatland der Sterndeuter, bis nach Jerusalem zu ziehen, vor allem nicht auf Kamelen. Was also dann?

Hier hilft die Archäologie. Man fand in Mesopotamien bei Ausgrabungen Täfelchen mit Keilschrift, ja sogar eine ganze Bibliothek mit astronomischen Notizen und Beobachtungen der Astrologenschule in Babylon, die Paul Schnabel 1925 sogar übersetzen konnte. Und er fand genau diese Aufzeichnungen über jene Konjunktion von Jupiter und Saturn im Jahre 7 vor Christus, entsprechend zurück gerechnet.

Zu den Details: Am 7. Februar des Jahres 7 vor Christus kommt Jupiter ins Sternbild der Fische zu Saturn, der schon dort war. Für die babylonischen Astrologen, von denen viele Juden waren, war dies ein sehr religiös aufgeladenes Zeichen. Erst recht am 29. Mai 7 v. Chr., als die Planeten sich zur ersten Konjunktion zusammenfanden. Also auf nach Jerusalem? Das ist im Mai viel zu heiß.

Also wartete man bis zur zweiten Konjunktion am 3. Oktober 7 v. Chr. und brach mit einer Sterndeuterkommission zu einer zweimonatigen Reise auf Richtung Palästina. Dort angekommen im Dezember sah man zum dritten Mal diese Konstellation, nämlich in der größten Annäherung am 4. Dezember 7 v. Chr., abends gegen 20.30 Uhr. Von Jerusalem aus gesehen genau Richtung Süden, exakt in der Straßenflucht des sog. Cardo – der Hauptstraße durch Jerusalem – genau Richtung Bethlehem.

Wie auch immer man dieses Ereignis deuten will – es war eine astronomische Meisterleistung von Kepler, diese Planetenbewegungen zu berechnen. Heute kann man dies in Planetarien zu jedem beliebigen Zeitpunkt anschaulich machen. Hochinteressant, wie auch biblische Zeugnisse und heutige astronomische Erkenntnisse zusammenfallen. Der Himmel ist ästhetisch.

Stern von Bethlehem

Dieses Ereignis ist allerdings äußerst selten in genau jener Stellung der beiden größten Gasriesen unseres Sonnensystems, noch dazu im Sternbild der Fische. Nachgewiesen und belegt für das Jahr 7 v. Christus, dann wieder im 17. Jahrhundert und nun, ganz aktuell jetzt, hier und heute: Schauen Sie doch einmal am Abend nach Sonnenuntergang nach West-Südwest, etwa in einem Winkel von 40 Grad in den klaren Nachthimmel – Sie werden sofort die beiden hellen Punkte entdecken. Jupiter am hellsten, gleich daneben Saturn. Mit einem kleinen Fernglas auch gut zu sehen: Die vier Galiläischen Monde des Jupiters und vielleicht sogar die Ringe des Saturns.

Und am 21. Dezember sogar in ihrer größten Annäherung, wenn beide Planeten mit dem bloßen Auge wie ein einziger großer Stern aussehen werden und still zu stehen scheinen. Was für ein großartiges, außergewöhnliches und astronomisches Ereignis, das man so erst wieder in rund 400 Jahren beobachten kann. Und als Schmankerl noch dazu lacht Ihnen im Zenit der rötliche Mars entgegen.

Vielleicht nutzen Sie jetzt die Gelegenheit, einen der vielen Weihnachtsbäume am frühen Abend draußen genau mit diesem Blickwinkel nach West-Südwest zu betrachten. Dann haben Sie den Stern von Bethlehem als eine der schönsten und natürlichsten Dekorationen vor Augen, die man sich nur vorstellen kann. Frohe Weihnachten!

Sterne und Planeten finden? siehe >Stellarium

Hintergrund

Live dabei

X