Ziege oder Schaf?

Ziege oder Schaf?

Bock oder Hammel?

Na, was denn jetzt? Die einen sagen so, die anderen so – sei es nun Schaf oder Ziege (das chin. Wort „Yang“ bedeutet übrigens beides) – der Mond wandert jetzt in ein neues Sternbild – und schwups, wieder ein neues chinesisches Jahr. Und die entsprechenden Tiersymbole bestimmen dann angeblich das Leben und die Zukunft.

Um es gleich zu sagen – allen Respekt vor einer Jahrhunderte alten Tradition. Und es liegt mir fern, jemanden nicht ernst zu nehmen, der dieser Kultur folgt oder sein Leben danach ausrichtet. Wie gesagt: Jeder nach seiner Façon…

Ziege oder Schaf?

Aber es sei mir doch bitteschön erlaubt zu bemerken, wie erstaunlich doch die Blüten einer Pseudowissenschaft wie der Astrologie (bitte deutlich zu unterscheiden von der Astronomie!) und dieser Lebenseinstellung sind. Äußerst interessant dazu der Artikel im aktuellen Farang >siehe hier. Ganz zu schweigen von den psycho-sozialen Auswikungen dieser unter Zwängen und Ängsten stehenden Lebensweise.

Sicherheit oder Freiheit?

Ich kann es ja irgendwo verstehen: Die Sehnsucht nach Sicherheiten, die es letztendlich doch nicht gibt; oder das Bedürfnis, die Eigenverantwortlichkeit abzuschieben auf ein übermächtiges Schicksal, aber damit sowohl Freiheit als auch Sicherheit zu verlieren.

Ziege oder Schaf?

In aller Kürze ein Vorschlag zu einem anderen Lebenskonzept: Ich lege mein Leben nicht in die Hände zufälliger Sternenkonstellationen, die ohnehin in astronomischer Hinsicht nicht von Dauer sind. Außerdem erkenne ich aber auch wirklich keinen einzigen Kausalzusammenhang zwischen der gravitationsbedingten Verteilung von Materie im interstellaren Raum und dem Schicksal von halbwegs intelligenten Lebewesen auf dem unbedeutenden dritten Planeten eines durchschnittlichen Sonnensystems am Rande eines Spiralarmes einer ebenso durchschnittlichen Galaxie.

Also bei allen Vorbehalten gegenüber des politischen Systems der Volksrepublik China – in einem könnte ich durchaus dem Soziologieprofessor Gu Jun von der Universität Shanghai zustimmen, der in dem Parteiorgan „Volkszeitung“ folgendes themenbezogen veröffentlicht: «Das ist vollkommener Quatsch.» Es gebe keinen automatischen Zusammenhang mit einem bestimmten Geburtsjahr und dem späteren Leben.

Ich bin Schaf, oder Ziege?

Also: Geboren im Jahre 1967 (auch Ziege!) lege ich mein Leben in Gottes offene Hände. Dort ist es gut aufgehoben. Denn dazu gehört, dass er mir von Beginn an, wie auch allen Menschen(!), etwas mit in die Wiege gelegt hat, das ursprünglich ein Teil meines menschlichen Wesens ist und bleibt. Nämlich die Freiheit. Ich bin existenziell frei, über mein Leben zu bestimmen. Zwar lebe ich nicht in einem abgeschlossenen System, deshalb gibt es immer Rahmenbedingungen, aber das sagt nichts aus über meine prinzipelle Eigenschaft als Mensch, nämlich frei zu sein.

Ziege oder Schaf?

Es gibt keine Sternenkonstellation, die mich zum unbestimmten Spielball eines undefinierten, gesichtslosen Schicksals macht. Es gibt keinen Gott, der mich als Schachfigur auf dem Schöpfungsplan hin und her zieht, der mich nur aus einer Laune heraus aufs Spielfeld setzt oder wieder beliebig rauskickt. Aber ich glaube an einen lebendigen, kreativen, freiheitsliebenden und respektvollen Gott, der seinen Geschöpfen den Raum lässt, den sie brauchen, ob sie sich nun für oder gegen ihn entscheiden – wir erinnern uns an diese unglückliche Sache mit dem Apfel, damals…

Gott ist das genaue Gegenteil eines Kontroll-Freaks. Er lässt alles zu, was wir frei entscheiden und wendet sich im schlimmsten Fall noch nicht einmal von uns ab. Erst recht auf so manchen Holzwegen stolpert er mit uns. Ja selbst da überlässt er uns die Freiheit, in seine ausgestreckte Hand einzuschlagen oder eben nicht.

No astrology

Und wenn ich denn schon soweit gehe und Hinweise nach dem guten Weg oder einer gelingenden Zukunft suche, dann finde ich sie sicher nicht in zufällig gelegten Karten, fallenden Holzstäbchen, irgendwelchen fantasievoll am Himmel zu Bildern kombinierten Kernfusionsreaktoren (Sterne), sondern zum einen in mir selbst und meiner, selbstverständlich subjektiven Wahrnehmung, oder in den Fingerzeigen von Menschen, die mir begegnen, die mich bestärken oder auch in Frage stellen. Übrigens – ein guter Spiegel dafür sind die Glaubenserfahrungen der Menschen in der Bibel, die sich ebenfalls nach dem woher und dem wohin gefragt haben. Sie haben ganz interessante Antworten gefunden und gelebt.

Ziege oder Schaf?

In diesem Sinne danke ich meinem Schöpfer, dass er mir in seiner Freiheit dieses wunderbare Leben geschenkt hat. Unter seinem Segen frei zu sein ist mir mehr wert, als alle Prognosen, Zukunftsvorhersagen oder Weissagungen. Lassen wir das Leben wie es ist: bunt, vielfältig, spontan, unberechenbar, überraschend, herausfordernd – einfach lebendig. Und jeder von uns mittendrin.

Und die Sterne? Stauenenswert und wunderbar – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Herzliche Grüße und in diesem Sinne ein spannendes neues chinesisches Schafsziegenjahr bis zum nächsten Februar 2016.

Jörg Dunsbach, Pfr.

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